Wohin mit den Händen, Frank-Walter?

26. 12. 2020 

 

Lieber Frank-Walter!

 

Gerade habe ich deine Weihnachtsansprache im Fernsehen gesehen, und ich bin erstaunt: Wir haben beide dieselben Probleme. Ich fang mal von vorne an.

Dat die Natur uns beide nicht mit viel Schönheit gesegnet hat, dat haken wir als Folklore ab, wahre Schönheit kommt von innen. Kann nicht jeder aussehen wie George Clooney. Aber damit fertig werden müssen wir trotzdem. Also beim Sprechen zum Beispiel. Wo andere gebannt hingucken und zuhören, na ja ... Haben wir also nicht.

Wie bringt man die Leute verdammt noch mal dazu, dat die einen gebannt zuhören? Anschreien? Heulen? Dramatisches Tremolo in der Stimme wie Tagesthemen? Lieb gucken wie Schmusebär? Schminken?

Kommt für uns nicht in Frage, Frank-Walter. Für solche Faxen sind wir zu wichtig. Bleibt nur noch ne sparsame Geste mit den Händen. Und da war Deine Weihnachtsansprache eine Offenbarung. Großartig, wie Du mit den Händen Deine Worte unterstützt hast. Endlich ein Fingerzeig für meine persönliche Weiterentwicklung.

Wenn ich von mir rede, muss ich einfach auf mich zeigen, wenn von anderen, dann muss ich von mir weg zeigen, und dazwischen drehe ich dann auch an meinem Ehering, ganz einfach! Zugleich hatte Deine Rede auch was Nostalgisches, wie ein Stummfilm aus den Zwanzigern war dat, nur mit Geräusche.

Eine Frage habe ich aber noch, wäre schön, wenn Du die beantworten tätest. Geht um folgendes: Immer wenn im Fernsehen jemand interviewt werden soll, zeigt die Kamera, wie der Interview-Kandidat mit 10 m Anlauf an der Kamera vorbeiläuft. Dann Schnitt, und plötzlich steht der doch vor einem und antwortet. Dat is wohl dat, wat ein Fernseh-Mensch unter dynamisch versteht. Drückt ja irgendwie auch Bewegung aus, geht also voran. Die von Fernsehen denken für einen mit.

Jetzt sag mal, wat die Fernsehfritzen Dir vor der Weihnachtsansprache gesagt haben. Haben die einen Gesten-Manager, der mit Dir die kreisenden Handbewegungen durchgegangen is, oder musst Du beim Reden selbst daran denken, die Arme auszubreiten?

 

In Erwartung Deiner Antwort verbleibt in Zuversicht

 

Dein Volk