Qualitätsjournalismus

02. 02. 2014

 

Liebe Angela!


Wach ich neulich nachts auf so gegen 4 und krich n Schrecken und denk, oh Gott, der Qualitätsjournalismus. Von Qualitätsjournalismus kann in paa Jahren keiner mehr leben! Da konnte ich nich mehr weiterschlafen und hab gleich angefangen mit recherchieren. Qualitätsjournalismus, soviel habich sofort herausgefunden, is sowat Ähnliches wie Kultur. Jeder hattet, und zwar mehr wie alle anderen, aber Genaueres kann Dir keiner sagen.

Wat Qualitätsjournalismus wirklich is, lässt sich am besten an ein Beispiel verdeutlichen. Angenommen, Du wills ein Koalitionspartner abstrafen. Da hasse ja mehrere Möchlichkeiten. Zum Beispiel kannße selbs n Interview für ein Qualitätsjournalisten vonne Bild geben und den Koalitionspartner als Idioten darstellen lassen. Oder Du kanns den Koalitionspartner zum ZDF delegieren, wo er sich mit Laber-Drohnen bis zur Kernschmelze rumplagen kann. Und da siehße den Unterschied. Wenne die Qualität von die Qualitätsjournalisten vorher kennß, kannße die Demontage qualitativ bestimmen. Für n paa Tage, Wochen, Monate oder für immer. Soll er selbs schuld sein oder andere? Kann man alles locker rückgängich machen, wenn der Schuss nach hinten losgeht? (Die Qualität hat nich gestimmt.) Dat is Qualitätsjournalismus, Angela, so dat Ergebnis meiner Forschung.

Alles andere is Firlefanz. Ob ein Journalist Wetgel im Haar hat, gut bezahlt wird oder überhaupt nich, is piepegal. Hauptsache, die Qualität is bekannt und sicher. Lass Dich auch nich durcheinanderbringen von Gequassel mit Ausbildung, hohe Maßstäbe oder dergleichen. Ganz im Vertrauen, Angela, zum gründlichen Studieren von Pressekodex brauchße eine Woche. Welche Fotos Du veröffentlichen darfs, hasse schnell raus, und wie man wat so formuliert, dat keine Gegendarstellung kommt, is Kindergeburtstach. Fesselnd schreiben kann sowieso kaum einer. Wozu auch? Merkt doch kein Schwein.

Wichtich is, dat Du die Qualität bestimms, Angela. Und ich bin mir sicher, dat der Qualitätsjounalismus Zukunft hat.

Ich hätte neulich weiterschlafen sollen. 

Dein Volk